Fragen an den Coach

Mit den richtigen Fragen den richtigen Coach finden

Ich habe neulich im Rahmen einer kleinen Grillparty mit einem sehr guten Freund über die Arbeit geredet und er berichtete mir sichtlich beeindruckt von seinem Coaching, welches er neuerdings über seine Firma genießt. Davon, dass zu seinem Erstaunen die Inhalte nicht vorgegeben waren, sondern die Klienten diese selber bestimmen dürfen.

Davon, dass die Coaches sich als Spiegel zur Verfügung stellen und keine Ratschläge erteilen, sondern die Klienten sich dadurch die Problemlösung intrinsisch erarbeiten können. Davon, dass die Coaches durch ihre offene Art ihren Klienten Raum für Entwicklung und das Gefühl von Sicherheit, Vertrauen und inhaltlicher Kompetenz gaben. Und davon, wie effektiv diese Art des Coachings sei.

Ich war davon nicht sehr überrascht. Gute Coaches arbeiten genau so.

Ich war vielmehr davon irritiert, wie überrascht er von der Arbeitsweise meiner Kollegen war. Ein für mich völlig normales professionelles Vorgehen war für ihn komplett neu. Ich bin erstaunt, wie wenig potentielle Kunden immer noch über gutes Coaching wissen und wieviel Missverständnisse über die Arbeit noch vorherrschen! Und ich fühle eine gewisse Traurigkeit, wie groß das Misstrauen noch ist, das dem Berufsstand Coach und seiner Leistung und Leistungsfähigkeit noch gegenüber besteht.

Leider – und das sage ich als zertifizierter Coach – zurecht.

Wenn man sich mal in den Medien grob umschaut, wird man erschlagen ob der Vielzahl und Unterschiedlichkeit von Coachingangeboten. Und die meisten sind nicht einmal seriös geschweige denn tatsächlich wirksam. Ich bin zwar sicher, dass es mindestens genauso viel seriöse, gute Coaches wie echte Scharlatane gibt.

Aber die Scharlatane sind halt in aller Regel lauter.

Begriffe wie Coaching oder Training sind nicht geschützt. Jeder kann Coach sein. Ohne Ausbildung. Ich kenne einen Boxtrainer, der mit gutem Marketing einmal im Monat „Managerboxen“ als Coaching anbietet. Hier lernen Führungskräfte eigentlich nur, dass sie sich von dem Geld, dass sie dafür bezahlt haben, einen kleinen Urlaub hätten leisten können. Ganz ohne anschließendes Kopfweh.

Und trotzdem hat er erstaunlicherweise immer wieder Kunden.

Und so ist es bei vielen dieser Art Angebote: ob Motivations-, Finanz-, Lifecoachings oder andere Coachingrichtungen - es tummeln sich viele Marktschreier ohne jegliche Ausbildung oder Kompetenz, aber mit tollem Auftritt. Die Idee der Selbstoptimierung ist sehr präsent in unserer Gesellschaft und wird im Marketing sehr gerne aufgegriffen. Das immer wieder versprochene Ziel, sein 'volles Potenzial' zu entfalten, sei es um möglichst glücklich, erfolgreich oder reich zu werden, führt also oft nur dazu, dass der Coach erfolgreich, reich und damit (manchmal) glücklich wird.
Diese „Coaches“ nehmen dabei häufig die Rolle einer Identifikationsfigur ein, da sie es "geschafft haben" und sich als glücklich und erfolgreich präsentieren. Das dazu oft hervorragende Marketing spielt mit den Träumen und Hoffnungen von Menschen, die nur enttäuscht werden können.

Fragen stellen ist wichtig – und sollten nichts kosten!

Das soll nicht heißen, dass nicht auch gute Coaches gutes Marketing machen können. Es bedeutet nur, dass der äußere Schein trügen kann. Wie so oft im Leben…

Wie sich also verhalten? Gesetzt der Fall, man hat erkannt, dass man ein Problem hat, bei dem man sich von einem Coach helfen lassen möchte und möchte sich bei der Entscheidung für einen Coach nicht nur auf das Marketing verlassen - wie findet man dann eigentlich den richtigen Begleiter für sich?

Stellen Sie Fragen.

Fragen, die Sie einem Coach wie mir in einem ersten – natürlich kostenlosen - Gespräch persönlich präsentieren sollten. Denn die Antworten sagen mehr aus über den Menschen als das geschriebene Wort auf einer gut gestalteten Website. Diese Antworten können die Sicherheit bieten, um den Mut aufzubringen, sich einem solchen Menschen voll und ganz anzuvertrauen.

Ich habe hier mal ein paar Fragen als Beispiele zusammengestellt, die ich für sinnvoll und wichtig erachte. Sie müssen natürlich nicht alle Fragen stellen und sie sind sicherlich nicht vollständig – diesen Anspruch erhebe ich erst gar nicht. Und sie können natürlich variiert werden – je nach Coach und Coachiungthema. Suchen Sie sich also die aus, die Sie interessieren und von denen Sie glauben, dass sie Ihnen weiterhelfen:

  1. Welche besonderen Erfahrungen haben Sie in ihrer Coaching-Ausbildung gemacht, die bis heute in Ihrer Arbeit nachwirken?

Damit prüfen Sie nicht nur nach, ob der Coach eine Ausbildung gemacht hat (die einen gewissen Umfang haben sollte) – sondern sie berühren damit auch die Reflexionsfähigkeit des Coaches, seine Selbsterfahrungen, seine Flexibilität in der eigenen Wirksamkeit und Erfahrungswelt. Diese wird er auch im Coaching einbringen.

  1. Haben Sie Vorbilder? Was ist das Interessante an diesen für Sie selber?

Identifiziert sich der Coach mit bestimmten Personen und deren Werten, plappert er nur bestimmte Themen und Zitate nach oder hat er eine eigene fundierte Meinung? Und wenn Sie eine andere haben: ist es spannend, diesen Coach genau deswegen als Sparringpartner zu haben?

  1. Welche Erfahrungen haben Sie in ihrem Leben geprägt, sei es im privaten oder beruflichen Kontext?

Nicht gelerntes Wissen, sondern gelebte Erfahrung ist das, was den Menschen am meisten und intensivsten prägt. Ist es Erfahrung aus einem Bereich, den Sie ebenfalls kennen? Sind es andere, für Sie spannende Erfahrungen, die sie vielleicht inspirieren?

  1. Haben Sie für Ihr Coaching eine bestimmte Philosophie entwickelt?

Ein Coach hat eine gewisse Grundhaltung zu seinem Vorgehen, die auf bestimmten inhaltlichen, methodischen, ethischen und moralischen Grundsätzen beruht. In kurzen und auf das Wesentliche reduzierten Aussagen sollte der erklären können, was er unter gutem Coaching versteht. Er sollte dessen Wirksamkeit, die Kommunikation und das sich daraus ergebende Verhältnis zwischen Coach und Klient nachvollziehbar erläutern können.

  1. Wie können Sie mir garantieren, dass das Coaching funktioniert?

Achtung, das ist eine Fangfrage! Sollte Ihr Gegenüber sich tatsächlich dazu hinreißen lassen, eine Garantie für den Erfolg des Coachings abzugeben, dann brechen Sie das Gespräch ab und gehen Sie. Eine Erfolgsgarantie für das Coaching gibt es einfach nicht. Egal in welchem Bereich. Der Erfolg ist zwar mit einem für Sie passenden Coach sehr wahrscheinlich, aber nie garantierbar! Etwas Anderes ist es, wenn es um ein Versprechen für bestimmte Rahmenbedingungen geht, wie Verschwiegenheit, Ehrlichkeit und Transparenz.

  1. Wie gehen Sie vor, wenn der eingeschlagene Weg keinen Erfolg bringt oder das Thema oder eine Methode nicht beherrschen?

Das Thema lehnt ein bisschen an dem der Garantie oben an und ist eine Art Folgefrage. Glauben Sie keinem Coach, dass er noch nie Rückschläge gehabt hat, nie gezweifelt, noch nie gescheitert ist. Das gehört dazu. Er ist kein Übermensch und macht Fehler wie alle anderen Menschen auch. Entscheidend ist seine Reaktion auf diese Frage und die damit einhergehende Authentizität.

  1. Wenn Sie selber in eine Krise geraten, wie gehen Sie damit um?

Jeder Mensch hat Krisen. Auch ein Coach. Er ist ein Mensch auf Augenhöhe mit Ihnen und sollte bei dieser Frage bereitwillig Auskunft geben: welche Krisen hatte er und wie ging er mit ihnen um? Wie war er sich der Krise bewusst? Wie reagiert er auf Verunsicherung und Momenten des Zweifels? Seine Authentizität spiegelt sich genau hier wieder und dies kann eine wunderbare Basis für eine Zusammenarbeit von Herz zu Herz sein. 

  1. Was können Sie besonders gut? Und wenn Sie mal etwas nicht können, kennen Sie die Grenze?

Hat wieder viel mit Selbstreflexion zu tun: Kernkompetenzen zu wissen bedeutet auch, sich positionieren zu können und eine Klarheit über sein Können zu besitzen. Und wenn diese Klarheit während eines Coachings verlassen wird, kann der Coach dieses dann kommunizieren? Was tut er, wenn es zu einem Problem kommt, bei dem beide nicht mehr weiterwissen? Hat er die Souveränität, Sie als Kunden loszulassen und an andere, geeignetere Spezialisten weiter zu verweisen? 

  1. Wie gehen Sie als Coach mit Risiko um?

Eine nicht ganz einfache Frage und der Coach ist hier sehr gefordert. Coaching bedeutet immer ein Risiko für den Klienten – immerhin ist er bereit, in einen zunächst fremden Menschen zu investieren, sich manchmal dunklen Momenten zu stellen und neue Wege und Möglichkeiten auszuprobieren. Nimmt der Coach dieses Risiko und die damit einhergehenden Gefühle ernst?

  1. Wie sieht es denn mit der preislichen und der zeitlichen Investition in das Coaching aus?

Hier muss Transparenz vorherrschen. Bitte lassen Sie sich nicht mit Antworten wie „Das kommt drauf an…“ oder „Das muss ich erst mal nachsehen.“ abspeisen. Leistung und Investition müssen klar kommuniziert werden. Dies wird idealerweise in einem Vertrag festgelegt, der neben vorläufiger Stundenanzahl und Preis auch Nebenkosten wie Anfahrt etc. klar definiert. Aber auch Möglichkeiten für die Reflexion / Erfolgskontrolle oder zum Abbruch ohne Zusatzkosten sollten vorhanden sein. Und lassen Sie sich zu nichts drängen! Ein Coach, der Sie unbedingt braucht, sei es finanziell oder für sein Ego, hat nicht die nötige Souveränität und Unabhängigkeit, um Ihnen ein wertiges Coaching anbieten zu können.

  1. Haben Sie Referenzen, über die ich mich über Sie erkundigen darf?

Jeder gute Coach hat ein paar Kunden, die Auskunft über sein Coaching und dessen Verlauf geben können. Zwar ist es heikel, private Daten von Klienten an Fremde herauszugeben, jedoch mit dem jeweiligen Einverständnis ist dies möglich. Nutzen Sie diese Möglichkeit, sich von diesen Kunden eine andere Perspektive zu holen.

Ach ja, die Zertifikate…

Es ist sicherlich sinnvoll, wenn man einen Coach nach seinem Zertifikat – die in aller Regel von einem Coachingverband ausgestellt werden – fragt und dieses dann prüft. Dabei sollte natürlich eine längere und vor allem praxisorientierte Ausbildung bescheinigt sein. Dies kann bei der Beurteilung seiner Kompetenz dienlich sein. Manchem ist so ein Stück Papier als Auszeichnung auch sehr wichtig, weil es ein belastbarer Beleg zu sein scheint und ein gewisses Sicherheitsgefühl vermittelt. Aber es gibt allein in Deutschland je nach Auslegung um die 25 Coaching-Verbände, die die unterschiedlichsten Coachingformen unter ihrem Dach beherbergen. Ganz zu schweigen von den esoterischen und religiösen Ausrutschern dieser Branche. Und alle geben Zertifikate unter den unterschiedlichsten Voraussetzungen heraus.

Ich selbst habe ein Zertifikat, das von einem der größten Coachingverbände, dem DBVC, anerkannt ist. Es ist aber meines Erachtens nur bedingt aussagekräftig, weil es eben so viele verschiedene Zertifikate gibt. Und mich als Mensch wirklich kaum repräsentiert. Und noch sind sich die Coachingverbände nicht grün genug, um endlich einheitliche und nachvollziehbare Ausbildungsstandards, einen Wertekanon und Kompetenzkompass aufzustellen, anhand dessen das Können der Coaches tatsächlich nachvollziehbar bewertet und dargestellt werden kann.

Es ist ein bisschen wie dem Abschlusszeugnis der Schule. Es zeigt, dass man gelernt hat, sich Wissen anzueignen. Aber der Mensch, seine Lebenskompetenz und Bildung sind nicht immer darauf ablesbar.

Hören Sie deswegen auch auf Ihr Bauchgefühl!

Es zählt also vor allem der Coach als Mensch, sein Wesen, seine Empathie und seine Erfahrung. Hören Sie deswegen auch auf ihren Bauch, wenn Sie mit einem Coach kommunizieren und die obigen Fragen stellen. Denn ein vertrauensvolles Verhältnis besteht nicht nur aus Wissen und Regeln, sondern vor allem aus gegenseitiger Sympathie, einem respektvollen Umgang miteinander auf Augenhöhe und Achtung vor der Würde des Menschen. Wenn Sie das bei Ihrem Gegenüber fühlen können, dann können Sie ihre Suche beenden.

Karl Michael Schölz

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